Transtympanales Gentamicin bei Morbus Menière – Wirksamkeit mit Vorbehalt

Für Fachpersonal:

Hintergrund:
Morbus Menière ist eine chronisch-progrediente Erkrankung des Innenohrs, die mit wiederkehrendem Drehschwindel, Tinnitus, auralem Druckgefühl und fluktuierendem sensorineuralem Hörverlust einhergeht. Für Patient:innen mit therapierefraktären Verläufen wird die transtympanale Gabe von Gentamicin als ablative vestibulotoxische Intervention in Erwägung gezogen.

Ziel der Analyse:
Eine systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit transtympanaler Gentamicin-Injektionen bei Morbus Menière auf Basis ausschließlich randomisierter kontrollierter Studien (RCTs).

🔗 Originalstudie auf PubMed

Studiendesign & Methodik

  • Datengrundlage: 3 RCTs, die Gentamicin mit Placebo oder keiner Behandlung verglichen
  • Bewertungssystem: GRADE zur Einschätzung von Bias-Risiko und Evidenzsicherheit
  • Primäre Endpunkte:
    • Frequenz und Schwere von Schwindelanfällen
    • Lebensqualität
    • Auftreten schwerwiegender unerwünschter Nebenwirkungen

Zentrale Ergebnisse

  • Schwindelanfälle:
    In allen drei RCTs zeigte Gentamicin eine signifikante Reduktion der Schwindelfrequenz und -intensität im Vergleich zur Kontrollgruppe.
  • Lebensqualität:
    Positive Tendenzen, aber uneinheitlich erhoben und schwer vergleichbar.
  • Nebenwirkungen:
    Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nur vereinzelt berichtet; jedoch mangelte es an systematischer Erfassung und Langzeitdaten.
  • Evidenzqualität:
    Trotz positiver Effekte wurde die Gesamtqualität der Evidenz als „sehr niedrig“ eingestuft – insbesondere aufgrund kleiner Stichprobengrößen und methodischer Inkonsistenzen.

Fazit für die klinische Praxis

Transtympanales Gentamicin scheint eine vielversprechende Option zur Schwindelreduktion bei therapieresistenter Menière-Erkrankung zu sein. Allerdings:

  • Die Evidenzbasis ist schwach – derzeit keine belastbare Grundlage für breite Anwendung.
  • Es besteht Forschungsbedarf nach größeren, methodisch hochwertigen Studien mit standardisierten Protokollen, insbesondere zur Dosierung, Frequenz und Langzeitsicherheit.

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Für Patient:innen – einfach erklärt

Morbus Menière: Schwindel stoppen mit einer Ohrinjektion?

Was ist Morbus Ménière?
Eine Erkrankung des Innenohrs, bei der es zu plötzlichen Schwindelanfällen, Ohrgeräuschen (Tinnitus), Druck im Ohr und Hörverlust kommt. Diese Symptome treten oft in Schüben auf und können sehr belastend sein.

Eine Möglichkeit: Gentamicin-Injektionen ins Ohr

→ Dabei wird Gentamicin, ein Antibiotikum, direkt durch das Trommelfell in das Innenohr gespritzt. Gentamicin greift gezielt Sinneszellen im Gleichgewichtsorgan, ohne die antibakterielle Wirkung zu nutzen.

→ Diese Sinneszellen – sogenannte Sinneshärchen – registrieren normalerweise Bewegungen. Bei Morbus Menière werden sie jedoch fälschlich aktiviert, obwohl keine Bewegung stattfindet. Das Gehirn erhält dann falsche Signale, was heftigen Schwindel auslösen kann.

→ Durch die Gentamicin-Injektion werden die betroffenen Zellen teilweise stillgelegt, sodass der Schwindel deutlich seltener oder ganz aufhören kann

Was sagt die neue Übersichtsarbeit?

Ein dänisches Forschungsteam hat drei hochwertige Studien ausgewertet, um zu prüfen, ob diese Therapie wirklich hilft. Die Ergebnisse wurden 2025 veröffentlicht und lassen sich hier nachlesen:

📄 Zur Originalstudie

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Weniger Schwindel:
    Viele der behandelten Patient:innen hatten deutlich seltener und weniger starke Anfälle.
  • Mehr Lebensqualität:
    Einige berichteten von einer spürbaren Verbesserung ihres Alltags.
  • Aber: Die Studien waren klein, und die Daten noch nicht stark genug, um eindeutige Empfehlungen auszusprechen.

Ist das für mich geeignet?

Diese Behandlung kann eine Option sein, wenn andere Maßnahmen nicht helfen. Dennoch sollte man wissen:

  • Sie kann das Gehör beeinträchtigen (selten, aber möglich).
  • Die Wirkung ist nicht bei allen gleich.
  • Eine sorgfältige ärztliche Abwägung ist wichtig.

Fazit

  • Gentamicin-Injektionen könnten eine Chance für Betroffene mit starkem Schwindel sein.
  • Die wissenschaftliche Grundlage ist vielversprechend, aber noch nicht eindeutig.
  • Lassen Sie sich ärztlich beraten, bevor Sie sich entscheiden.

👩‍⚕️ Sie denken über eine Gentamicin-Therapie nach?
Bitte beachten Sie: Eine solche Behandlung kann auch zu einer Schwächung des Gleichgewichtsorgans führen – Mediziner:innen sprechen von einer sogenannten vestibulären Hypofunktion.

Diese Schwächung entsteht, weil Sinneszellen im Innenohr durch das Medikament teilweise ausgeschaltet werden. Das kann im Alltag zu neuen Herausforderungen führen – zum Beispiel beim Gehen im Dunkeln, auf unebenem Boden oder bei schnellen Kopfbewegungen.

➡️ Die gute Nachricht: Diese Probleme lassen sich sehr gut durch vestibuläre Rehabilitationstherapie verbessern.

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